(LSB) Der Investitionsstau aller Sportstätten in Thüringen beträgt 1,3 Milliarden Euro. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Landessportbund Thüringen im Dezember 2024 gemeinsam mit dem Mainzer Marktforschungs- und Beratungsunternehmen 2HMforum. GmbH durchgeführt hat. Demnach sind 40 Prozent aller Thüringer Sportstätten sanierungs- oder modernisierungsbedürftig. Befragt wurden die Verwaltungen der 605 Gemeinden und 17 Landkreise im Freistaat.

„Bisher basierten die Angaben zum Investitionsstau von Sportstätten in Thüringen auf Schätzungen, die anhand eines Bundes-Gesamtwertes auf den Freistaat herunterskaliert wurden. Mit der erstmals speziell für Thüringen durchgeführten Umfrage haben wir nun auch belastbare Ergebnisse, anhand derer wir fundiertere Aussagen zur Sportstätten-Situation im Freistaat treffen können. Demnach ist auch der Investitionsbedarf noch einmal etwas höher als wir mit einer Milliarde Euro bisher angenommen hatten“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Thüringen, Thomas Zirkel.

Von den rund 4.500 Sportstätten in Thüringen sind etwa 1.800 sanierungs- oder modernisierungsbedürftig. Das entspricht einem Anteil von 40 Prozent. Dies betrifft Sportplätze ebenso wie Sporthallen, sportartenspezifische Anlagen und Bäder. Zwei Drittel aller Thüringer Gemeinden verweisen auf mindestens einen Sportplatz mit Sanierungs- oder Modernisierungsbedarf. Nahezu jede zweite Gemeinde hat mindestens eine sportartenspezifische Anlage (beispielsweise Kegelbahn, Schießsport-Anlage oder Tennisplatz) mit Sanierungs- oder Modernisierungsbedarf und jede dritte Gemeinde eine sanierungs- oder modernisierungsbedürftige Sporthalle. Allein die Sanierung und Modernisierung von Sporthallen würde mit rund 600 Millionen Euro etwa die Hälfte des gesamten Investitionsstaus ausmachen. Zudem müssten gemäß der Umfrageergebnisse 120 der 200 Thüringer Hallen- und Freibäder saniert oder modernisiert werden. Lediglich 15 Prozent der befragten Kommunen sehen keinen Sanierungs- oder Modernisierungsbedarf ihrer Sportstätten.

 

Gemeinden planen Investitionen in Höhe von 560 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren

Durchschnittlich hat jede Gemeinde in Thüringen 6,5 Sportstätten in eigener Trägerschaft und einen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf in Höhe von insgesamt knapp 1,9 Millionen. Der Sanierungs- und Modernisierungsbedarf in städtischen Gemeinden ist bis zu drei Mal so hoch wie bei ländlichen Gemeinden. Während im städtischen Raum vor allem die Sporthallen den größten Investitionsbedarf verzeichnen, sind es im ländlichen Raum die Sportplätze. Auch die Sportplatz-Kapazitäten sind von den befragten Verwaltungen in jeder fünften ländlichen Gemeinde als „absolut ungenügend“ eingeschätzt worden.

Grundsätzlich schätzen die Gemeinden die Projekte in die Sportstätteninfrastruktur als sehr wichtig ein. Besonders bei Gemeinden im städtischen Raum werden die Projekte als sehr wichtig bis unverzichtbar eingestuft. Dementsprechend plant auch jede vierte Gemeinde weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Sportstätten-Situation. Insgesamt liegen für die kommenden fünf Jahre konkrete Sanierungs- bzw. Modernisierungspläne der Gemeinden in Höhe von circa 560 Millionen Euro für 558 Projekte vor. Die Landkreise planen 66 Projekte mit einem Gesamtvolumen von etwa 105 Millionen Euro, insbesondere im Bereich der Sporthallen.

Die derzeitige Realität sieht allerdings anders aus. So gaben die Gemeinden in der Umfrage an, aktuell nur 0,4 Prozent ihres Gesamthaushaltes für Sanierung, Modernisierung und Neubauten von Sportstätten einzusetzen. Dies entspricht einem Durchschnittswert von lediglich 44.000 Euro jährlich pro Gemeinde. „Die Zahlen zeigen, dass es eine gemeinsame Kraftanstrengung von Kommunen, Land und Bund braucht, um künftig mehr Geld in Sportstätten investieren zu können. Denn ausreichend moderne Sportstätten sind die Basis für notwendige Bewegung im Schulsport und Sportverein. Um dem Sanierungsstau in den kommenden fünf Jahren effektiv und mit realistischem Blick begegnen zu können, wären aus unserer Sicht kontinuierliche Landesmittel in Höhe von mindestens 35 bis 40 Millionen Euro pro Jahr notwendig“, erklärt Zirkel.

 

Auch Thüringer Sportvereine leisten Beitrag zur Verbesserung der Sportstättensituation

„Auch wenn Sport eine freiwillige kommunale Pflichtaufgabe ist, leisten die Thüringer Sportvereine ebenfalls ihren Beitrag zur Verbesserung der Sportstättensituation. Dies zeigt sich im Rahmen des LSB-Sportstättenförderprogramms, welches seit 2014 Sanierungsprojekte in Vereinsträgerschaft finanziell unterstützt“, so Zirkel. Neben der bis zu 60-prozentigen Förderung durch den Landessportbund Thüringen aus Landesmitteln bringen die Sportvereine Eigenmittel und unentgeltliche Arbeitsleistungen ein, um die Modernisierung von Sportstätten realisieren zu können. So sind in den vergangenen elf Jahren neben 10,4 Millionen Euro vom Land auch 5,7 Millionen Euro Eigenmittel und knapp zwei Millionen Euro unentgeltliche Arbeitsleistungen durch die Thüringer Sportvereine eingesetzt worden, um 337 Projekte umsetzen zu können.

 

Enormer Rücklauf bringt repräsentative Ergebnisse
Die Befragung hat der Landessportbund Thüringen im Rahmen des derzeit zu erarbeitenden Zukunftsplans Sport an 2HMforum. GmbH in Auftrag gegeben. Das Mainzer Marktforschungs- und Beratungsunternehmen hat bereits fundierte Erfahrungen bei der Erfassung von Daten zur Investition von Sportstätten im Rahmen des Sportsatelittenkontos gesammelt, das seit 2008 in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaften erhoben wird. An der Thüringer Sportstättenbefragung nahmen ein Drittel der 605 Gemeinden und mehr als die Hälfte der 17 Landkreise teil. „Damit sind die Ergebnisse als sehr aussagekräftig einzustufen. Die Verteilungen der befragten Repräsentanten aus den Kommunen Thüringens – insbesondere Bürgermeister und Mitarbeiter der Verwaltung – sind gemäß der Kommunengröße nach Einwohnerzahlen und den Landkreisen sehr nah an der Gesamtverteilung im Freistaat Thüringen, so dass die Ergebnisse als repräsentativ für alle Kommunen in Thüringen einzuschätzen sind“, so Sven Repenning, Senior Experte und Leiter Research Management bei der 2HMforum. GmbH. „Die sehr gute Teilnahme spiegelt auch die Brisanz und Relevanz des Themas wider“, freut sich Repenning.

 

Zum Hintergrund:

Der Investitionsbedarf der 1,3 Milliarden Euro für Thüringer Sportstätten setzt sich wie folgt zusammen:

 

  • Circa 362 Millionen Euro für Sportplätze
  • Circa 607 Millionen Euro für Sporthallen
  • Circa 244 Millionen Euro für Bäder
  • Circa 78 Millionen Euro für sportartenspezifische Anlagen
  • Circa 4 Millionen Euro für sonstige Sportstätten (bspw. Calisthenics-, Pumptrack- oder Skate-Anlagen)