Unsere Geschichte
Die Entwicklung des Vereinssports im Saale-Holzland-Kreis
Die Schützen knüpften an die mittelalterlichen Traditionen an, die sich aus der Sicherung der Städte oder der Handelswege ergab. So sind insbesondere die privilegierten Schützengesellschaften in Eisenberg (1601) und Bürgel hier einzureihen sowie die Schützenvereine – Schützengesellschaft Dorndorf 1686 und Kahla 1686, die Schützenvereine Camburg 1784 und Roda 1810. Das Verdienst von GutsMuths bestand dabei darin, die Gymnastik, das Turnen, die Spiele, das Schwimmen und viele andere Bewegungsformen zum Gegenstand der schulischen Gesamtausbildung gemacht zu haben.
Aus der Turnbewegung entstehen die ersten Turnvereine
Friedrich Ludwig Jahn blieb es vorbehalten, die Pflege der Leibesübungen populär zu machen. Die von Jena ausgehende Burschenschaftsbewegung wurde zu einem der Träger der Jahnschen Turnbewegung. Nach der Aufhebung der Turnsperre im Jahre 1842, die die um 1814 einsetzende Turnbewegung stark behinderte, griff diese Entwicklung auch auf den heutigen Saale-Holzland-Kreis über. Am 17. Juli 1848 gab es in Eisenberg die erste Vereinsgründung in der Region. Der Männerturnverein wurde aus der Taufe gehoben. Der Turnverein hatte 1861 schon 96 Mitglieder, davon 50 aktive Turner, 60 Zöglinge und 6 passive Mitglieder.
In den folgenden Jahren bis 1861 gründeten sich 1860 der Turnverein in Kahla (185 Mitglieder), 1861 in Camburg (49), Dornburg (70), Roda (234) und Bürgel (1862). Für den Turnverein in Roda ist schon für 1861 belegt, dass er für 62 Schüler den Turnunterricht vollzog. Sehr differenziert war die Situation mit den notwendigen Turnanlagen. Einen eigenen Turnplatz in unserer Region hatte nur Dornburg. Städtische Anlagen wurden in Camburg und Kahla kostenlos zur Verfügung gestellt. In Roda und Bürgel nutzten die Turnvereine die Räumlichkeiten der Schützenvereine. Neben dem Turnen wurden z.T. auch noch andere Körperübungen betrieben. So werden Fechtübungen in Roda, Schießübungen in Camburg, Schwimmen in Camburg und Kahla genannt und es gab Turnerfeuerwehren in Kahla, Eisenberg und Roda. Die Turnvereine unserer Region gehörten dem „Allgemeinen Thüringer Turnverein“ an und hatten in Kahla am 30.Juni/1.Juli 1861 ihr erstes großes Turnfest.
Turnen wird zum Schulfach
Die Entwicklung des Sporttreibens ist eng mit der Entwicklung des Schulsports verbunden. Der preußische Erlass von 1842, der die Turnsperre beendete, sieht in den Leibesübungen einen „notwendigen und unentbehrlichen Bestandteil der männlichen Erziehung“, aber es entwickelte sich auch eine Trennung in den Schulsport für die Kinder und den Vereinssport für die Erwachsenen.
Für die Teile unseres Kreises, welche zum Großherzogtum Sachsen-Weimar gehörten, wurde der Sportunterricht schon nach 1850 eingeführt. Dabei kam den Lehrerseminaren in Weimar und Altenburg, sowie den Bildungseinrichtungen in Jena, eine Vorreiterrolle zu. Im Herzogtum Sachsen-Altenburg gab es 1870 noch keine gesetzliche Regelung zum Schulturnen. Aber am Lehrerseminar in Altenburg wurde der Turnunterricht eingeführt und in Kahla und Eisenberg wurde bereits auch an den Volksschulen geturnt. Der am Gymnasium in Eisenberg tätige Lehrer Teubner hat sowohl für den Schulsport als auch für die Entwicklung des Turnverbandes Verdienste erworben. In den Akten der Grundschule Gernewitz wird 1887 mitgeteilt, dass Turnunterricht an der Schule durchgeführt werden kann, wenn die Eltern dazu ihre Einwilligung geben.
Turnplätze, Turnhallen und Bäder entstehen
Neben den ersten Turnhallen und Turnplätzen entstanden auch die ersten Bäder im Kreis. Die Bade- und Schwimmanstalt in Eisenberg, später als Ernst-Bad bezeichnet, wurde 1879 eröffnet, das Waldbad im Weihertal in Roda wurde am 1. Mai 1906 eingeweiht und das Waldbad am Eingang des Mühltales folgte nach dem 1. Weltkrieg und waren die Attraktion für die Bevölkerung. Das Bad wurde im Sommer Pilgerstätte für alle Urlauber und die Badefreunde der Umgebung. Im Turnverein trug man sich schon mit dem Gedanken eine selbständige Schwimmabteilung zu gründen. Es folgte dann Anfang der 30-er Jahre das Waldbad in Wolfersdorf. Wir hatten aber nur einen Schwimmverein in unserer Region, den Schwimmverein „Hellas club“ 1900 in Eisenberg. Obwohl sich die Bedingungen für den Schwimmsport durch das Hallenbad und unsere schönen Freibäder deutlich verbessert haben, gibt es heute aktuell auch keinen Schwimmverein im Kreis.
Sportvereine und viele neue Sportarten verändern das Angebot
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verändern zwei Prozesse deutlich die Situation im Vereinssport. Die Frauen und Mädchen drängten, wenn auch anfangs sehr zögerlich, mit eigenen Orderungen in die Vereine oder gründen eigene Vereine. Zum anderen entwickelt sich neben dem Turnen und trotz Widerstandes des Turnerbundes eine moderne Sportbewegung, welche sportartspezifisch und wettkampforientiert war. Schaut man in das Vereinsregister der Jahre 1890 bis 1912, dann stellt sich eine Flut von Vereinsgründungen in unserer Region dar. Radfahrvereine, Kegelvereine, Fußballvereine, Schwimmvereine, Schützenvereine, Ringen, Gewichtheben, Wintersport usw. bringen in kurzer Zeit eine neue Angebotsstruktur hervor. Durch die Gründung des Arbeiter-Turnerbundes 1893 in Gera bildeten sich auch in unserer Region zahlreiche eigene Arbeitersportvereine, die neben dem Turnen sich stärker den wettkampforientierten Sportarten zuwandten.
Bis 1913 entstanden so 26 Radfahrvereine – 1899 in Hainspitz und Ottendorf, es entstanden 6 Kegelvereine – so 1897 in Hermsdorf, wo es dann 1914 6 Kegelvereine gab. Fußball gab es 1911 in Klosterlausnitz, 1912 in Klengel und selbst in der Freien Turnerschaft Stadtroda bildete sich eine Abteilung Fußball. Auch ein Wintersportverein gründete sich 1913 in Klosterlausnitz und in Eisenberg betrieb man den Schlitten- und Bobsport. Im Jahre 1912 gab es in Hermsdorf insgesamt 15 Sportvereine und im benachbarten Klosterlausnitz waren es noch 11 Sportvereine. Sportvereine wie der TSV 1860 Dornburg, der Weißenborner SV 1882, der TV 1887 Germania Hermsdorf, der TSV Stadtroda 1890, der SV Rockau 1896, der SV Klengel-Serba 09 und der SV 1910 Kahla tragen heute noch das Gründungsdatum dieser Zeit im Namen.
Der 1. Weltkrieg riss wie in allen anderen Lebensbereichen auch bei den Sportvereinen tiefe Wunden. Viele junge Männer waren tot oder verletzt, die soziale Not war über viele Jahre gerade in unserer Region sehr groß. Der Sportbetrieb kam unter diesen Bedingungen nahezu zum erliegen und nur einzelne Veranstaltungen fanden noch statt (Gauturnfahrt 1917 in Weißenborn).
Arbeitersportvereine und bürgerliche Turn- und Sportvereine
In den Jahren von 1918 bis 1920 belebte sich die Arbeit in den Sportvereinen wieder, es wurden Jahresversammlungen abgehalten, Vorstände gewählt und erste Wettkämpfe durchgeführt. Die große Erleichterung über den Frieden war überall zu spüren, ging aber auch mit einer deutlichen Verschlechterung der sozialen Lebensverhältnisse einher. Das führte zu einer politischen Polarisierung im Vereinswesen, so auch bei den Sportvereinen. Das „bürgerliche“ Lager wurde durch die traditionellen Turn- und Sportvereine gebildet. Die nach 1893 gegründeten Arbeitersportvereine schlossen sich zu eigenen Sport- und Wettkampfstrukturen zusammen (1920 in Weißenborn, 1922 in Bürgel). Mit der Bildung des Landes Thüringen setzte nach 1921 eine breite Entwicklung in der Sportlandschaft ein. Zum einen wurde der Sportunterricht in den Schulen qualitativ und quantitativ stark ausgebaut und vielfältige Wettbewerbe für die Kinder eingeführt. Zum anderen erhielten die Sportvereine einen großen Zulauf, es gab breitere Angebote auch für die Kinder und die Frauen.
Traditionelle Sporthöhepunkte
In zahlreichen Sportarten entstanden Wettkämpfe zur Ermittlung der Meister oder auch traditionelle Sporthöhepunkte. Die typische Entwicklung dieser Zeit ist gekennzeichnet durch das Bemühen um neue Sportanlagen und ein breites sportlich orientiertes Wettkampfprogramm. Dabei haben die Vereine in Eigeninitiative sehr viel auf die Beine gestellt. So wird in der Sportchronik von Rothenstein aufgezeigt, dass neue Sportanlagen für die breite Entwicklung notwendig waren. Aus dem Saalturnen und GaststättenKegeln wurden in der Nähe des Festplatzes auf dem Trompeterfelsen zuerst ein Turnplatz und später ein Handballplatz in ungewöhnlicher Lage geschaffen. In Bürgel wurde 1919 am Ortsausgang in Richtung Hohendorf der Turnerplatz eingeweiht, welcher bis in die 50-ziger Jahre als Vereins- und Schulsportplatz genutzt wurde. Durch die Entwicklung der Sportarten, hier besonders des Fußballs und der Leichtathletik, war 1924 Baubeginn des neuen Sportplatzes am Bahndamm, der dann 1926 fertiggestellt wurde.
Noch spektakulärer verlief der Sportstättenbau im Schortental bei Eisenberg. 1919 begann das Anlegen der beiden Sportplätze im Schortental durch die Mitglieder der Arbeiter-Turnerschaft, der Fußballabteilung „Vorwärts“, vielen Jugendlichen, Fußballinteressierten und Gewerkschaftern. Durch freiwillige Arbeit mit eigenen Arbeitsgeräten, ohne Förderung durch die Stadt oder das Land wurde der Wald gerodet und zwei Sportanlagen geschaffen. Die Chronik belegt aber auch, dass im Eifer dieses Vorhabens viele Fehler begangen wurden. In den Tageszeitungen „Jenaer Volk“ und im „Eisenberger Nachrichtenblatt“ wurde die Errichtung der Sportplätze im Schortental erst bekannt gegeben, als der Fußballplatz fertig war und zu Pfingsten 1922 die ersten Fußballspiele ausgetragen wurden. Aber in Eisenberg und in den Fabriken war der Bau im Schortental Stadtgespräch. Vom 3.-5. Juni 1922 erfolgte die Platzweihe im Schortental. Im Jahre 1928 fand auf dieser Anlage eine internationale Begegnung gegen eine Mannschaft aus Brüssel statt. In zahlreichen Sportarten kam es zu einem planmäßigen Wettkampfbetrieb, wobei in unserer Region das Turnen, der Fußball, dann auch der Handball und die Leichtathletik tonangebend waren. Weitere Sportarten erreichten eine große Verbreitung in unseren Städten und Dörfern, wozu wir den Radsport, den Kraft- und Kampfsport, das Kegeln und den Schießsport zählen können.
Neben den örtlichen Wettkämpfen und Vergleichen zu Vereinsfesten hatten nationale und internationale Kontakte im Sport eine positive Ausstrahlung auf den Vereinssport in unserer Region. 1922 fand in Leipzig das 1. Arbeiter-Turn-und Sportfest statt. Aus Bürgel nahmen 40 Sportlern daran teil. 1925 wurde die 1. Arbeitersport Olympiade in Frankfurt/Main ausgetragen, woran 23 Sportler aus Bürgel teilnahmen. Der Eisenberger Paul Keck nahm an vielen solchen Veranstaltungen erfolgreich teil. Auch die Gaumeisterschaften und Gauturnfahrten, welche sehr zahlreich bis 1933 in unseren Orten stattfanden, haben als Sportveranstaltungen und Feste eine nachhaltige Wirkung erreicht.
Eine typische Sportvereinssituation der Weimarer Zeit zwischen 1920 und 1933 lässt sich am Beispiel von Hermsdorf und Klosterlausnitz darstellen. Aus der Flut der vielen Vereinsgründungen um 1900 wirkten im genannten Zeitraum drei Vereine:
- Der 1. Sportclub Hermsdorf-Klosterlausnitz e.V. (1917-1940)
- Der Turnerbund Hermsdorf e.V. (1929-1940)
- Die Freie Turnerschaft Hermsdorf e.V. (1904-1933)
Der 1. Sportclub war Mitglied des Verbandes Mitteldeutscher Ballspielvereine und hatte seinen Sitz in Hermsdorf. Mit viel Engagement wurde bis 1921 der Spiel- und Sportplatz „An der Köppe“ gebaut. Für das Hermsdorfer Sportgeschehen war nun die Grundlage für den Wettkampfbetrieb geschaffen und ab 1921 fanden die Kreis-Turn- und Sportfeste und Meisterschaftsspiele statt. Der Verein beteiligte sich in den Sportarten Handball, Fußball und Faustball. Der Sportverein wurde nach 1933 nach dem Führerprinzip gleichgeschaltet und in den Deutschen Fußballbund des Reichsführerringes integriert.
Der Turnerbund Hermsdorf wurde 1929 in das Vereinsregister eingetragen und war Mitglied des Deutschen reichsbundes für Leibesübungen. Dieser Verein hatte seinen Sitz am Schützenhaus in Hermsdorf. Dort befanden sich damals das Vereinslokal und der Sportplatz. Außerdem gab es in Hermsdorf auf dem Rathausplatz noch einen weiteren Sportplatz, auf dem die Großfeldspiele stattfanden. Im Turnerbund gab es verschiedene Abteilungen. An erster Stelle stand das Turnen. Weiterhin wurde im Verein Handball, Fußball und Faustball gespielt, in denen je zwei Männermannschaften, eine Jugendmannschaft und eine Knabenmannschaft vertreten waren. Später wurde auch noch Schwimmen und Wandern angeboten. Auch der Turnerbund Hermsdorf wurde 1933 nach dem Führerprinzip gleichgeschaltet und wurden Mitglied im Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen (NRBL).
Die Freie Turnerschaft zu Hermsdorf wurde 1904 gegründet und hatte als Satzungszweck die Hebung und Förderung der Volkskraft und Volksgesundheit durch Pflege der Lebesübungen auf volkstümlichen Grundlagen als Mittel zur körperlichen und geistigen Bildung seiner Mitglieder zum Ziel. Der Sitz des Vereins war in Hermsdorf. bei den inhaltlichen Angeboten standen das Turnen, Sport-, Spiel-, Schwimm- und Wintersportübungen im Zentrum des Vereinsangebotes. Der Verein war laut Satzung Mitglied im Arbeiter-Turn- und Sportbund Deutschlands. Der Verein wurde 1933 durch die nationalsozialisten aufgelöst und das Vereinseigentum konfisziert. Ein Teil der Sportvereine setzte unter diesen Bedingungen seine sportliche Tätigkeit fort, was besonders auf die Ballsportarten Fußball und Handball zutraf. Gleiches galt für das Turnen und eine verstärkte wehrsportliche Orientierung kam hinzu. Andere versteckten die Unterlagen ihrer Vereinstätigkeit bzw. die Vereinsfahnen, die wie zum Beispiel in Schkölen erst später wieder zum Vorschein kamen. Bei einem größeren Teil der Vereine änderten sich deutlich der Vereinprofil und das Engagement der 1920er Jahre.
Der Eingriff der Nationalsozialisten auch in den Sport
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderten sich die Bedingungen für den Vereinssport einschneidend. Am 24. März 1933 verfügte die Regierung Thüringens das „Verbot sämtlicher Arbeitersportorganisationen“. Das betraf zahlreiche Sportvereine so z.B. in Weißenborn, Eisenberg, Hermsdorf, Bürgel und viele andere mehr. Nach der Zwangsauflösung wurde das Eigentum eingezogen und man versuchte Teile der Arbeitersportler in die nationalsozialistischen Sportstrukturen zu übernehmen. Zum anderen wurden die Satzungen aller Vereine außer Kraft gesetzt und in den Sportvereinen das Führerprinzip durchgesetzt. Der Sportbetrieb lief unter Regie des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen zumindest bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges weiter.
In den Chroniken der Sportvereine stellen wir fest, dass mit den zahlreichen Einberufungen auch die Sportler stark betroffen waren und die Arbeit in den Vereinen mit dem 2. Weltkrieg weitgehend zum Stillstand kam. Viele erfolgreiche Vereinssportler wurden Opfer des 2. Weltkrieges.
Die lange Suche nach neuen Ansätzen
Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Machtstrukturen begannen noch 1945 engagierte Sportler des Kreises den Sportbetrieb wieder zu beleben und die Vereine zu aktivieren. Solche Ansätze sind aus Bürgel und Hermsdorf bekannt. Dieser Weg führte erst einmal in eine Sackgasse, denn die weitere Entwicklung auch im Sport wurde durch die Alliierten Besatzungsmächte, hier die Sowjetische Militäradministration Thüringen (SMA), bestimmt.
Am 18. September 1945 erließ der 1. Vizepräsident des Landes Thüringen die Anweisung zur Einstellung des Sports auf Vereinsgrundlage. Es folgte am 12. Januar 1946 die Anordnung Nr. 11 der SMA Thüringen: „Genehmigung zur Ausübung des Sportes in Thüringen“, sowie die Bestätigung des vom Landesamt für Kommunalwesen vorgelegten Entwurfs zum Neuaufbau des Sports durch die SMA. Mit der am 28. Februar durchgeführten 1. Sportreferententagung in Weimar fand dieser Prozess der kommunalen Sportausrichtung und der Wiederaufnahme des Sports seinen ersten Abschluss. Die am 7. März gegründete Freie Deutsche Jugend (FDJ) erhob in Thüringen politischen Führungsanspruch über den Jugendsport.
Am 18. April erfolgte die Anordnung der SMA Thüringen zur Übernahme des bisherigen kommunalen Sportbetriebes in die FDJ. Am 8. Mai wurden die Durchführungsbestimmungen erlassen und anlässlich der Sportreferententagung als politische und leitungsorganisatorische Regelung ausgegeben. Auf dieser Grundlage entwickelten sich nun zahlreiche Aktivitäten im Kreis und auch schon wieder die ersten Wettkämpfe.
Wie in anderen Orten wurde in Bürgel 1946 zuerst unter kommunaler Verantwortung ein Sportamt gebildet. Turnen, Leichtathletik, Fußball und Schach waren die ersten Sportarten die in Bürgel wieder betrieben wurden. In Rothenstein war im Juli 1946 ein Handballspiel auf dem Sportplatz auf dem Felsen geplant, wo sich aber noch Schützengräben der sowjetischen Armee befanden. In der Chronik ist nachzulesen: „Nach dem Spiel war die Begeisterung unter der Jugend allerdings so groß, dass eine Abteilung Handball gegründet wurde. Als Vorsitzender wurde Otto Baumann gewählt. Ende 1947 hatte die Abteilung Handball bereits 58 Mitglieder. 1948 waren schon 5 Mannschaften aufgebaut und im Spielbetrieb: 2 Männer-, 1 Damen-, 1 Jugend- und 1 Schülermannschaft. Aus der Abteilung Handball wurde am 9. September 1948 die „Sportgemeinschaft Rothenstein gegründet.“
Die FDJ rief in diesem Sommer zu vielfältigen Volkssporttagen in den Kommunen auf. Beim genauen Hinschauen ist aber auch festzustellen, dass die Entwicklung des Sports in diesen Jahren stark vom Einsatz erfahrener Sportler geprägt wurde. So wird in Bürgel das Wirken von Erich Stoltz hervorgehoben, in Rothenstein der Einsatz von Emil Schwabe und Otto Baumann oder in Hermsdorf von Willy Planer, Hugo Trübner und vielen anderen mehr. 1948 wurde von allen Seiten heftige Kritik am Sportbetrieb durch die FDJ geübt. Nach der Gründung des Deutschen Sportausschusses (DS) kam es zur Bildung des Landessportausschusses Thüringen. Es erfolgte die Gründung von örtlichen und betrieblichen Sportgemeinschaften, womit die unmittelbare Nachkriegsentwicklung zu Ende ging. Beispiele dafür haben wir in fast allen Orten, wie z.B. in Eisenberg die BSG „Chemie Eisenberg“, die „Sportgemeinschaft Fortschritt Rothenstein“, die BSG „VEB Bürgel“ oder der Sportverein „Einigkeit Hescho Hermsdorf“.
Der Sport der DDR auf der Grundlage von Betriebssportgemeinschaften
Am 3. April 1950 beschließt der Deutsche Sportausschuss auf der Grundlage des gerade verabschiedeten Jugendgesetzes der Volkskammer mit konkreten Maßnahmen zur staatlichen Förderung des Sports: „Die Reorganisation des Sports in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf Produktionsbasis“.
Damit entstanden neue Strukturen und Unterstellungen der Sportvereine, zum einen durch Neugründungen aber hauptsächlich durch Umbenennung der Vereine. Zum gleichen Zeitraum wurde festgelegt, dass der Turn- und Schwimmunterricht an allen Schulen aufzunehmen ist. So wurde aus der „Einigkeit Hescho“ von 1949 die BSG „Bhemie“ 1950/51 und schließlich 1954 die BSG „Motor“ Hermsdorf, aus der „Sportgemeinschaft Fortschritt“ Rothenstein wurde 1955 die BSG „Traktor Rothenstein“ und in Eisenberg wurde aus der BSG „Chemie“ Eisenberg 1949 dann 1953 die BSG „Stahl“ Eisenberg um 1976 beim Wechsel des Trägerbetriebes erneut den Namen zu wechseln – BSG „Möbelkombinat Eisenberg“. In Weißenborn trafen sich am 2. Mai 1952 die Gründungsmitglieder zur Wiederbelebung des Vereinssports und gründeten unter Führung von Arthur Schmidt die BSG „Traktor“ Weißenborn.
Entwicklung des regionalen Wettkampfbetriebes
In den nachfolgenden Jahren entwickelt sich der regionale Wettkampfbetrieb sehr schnell. Zahlreiche Sportanlagen und Turnhallen wurden im folgenden Jahrzehnt geschaffen. Dabei spielte neben der staatlichen Förderung die Eigeninitiative in Form des NAW eine große Rolle (z.B. Turnhallen in Bürgel und Weißenborn). Durch die Vereine wurden auch Anlagen geschaffen, die sich heute fast „exotisch“ ausnehmen: Flutlichtskihang in Rothenstein, Sprungschanze in Ottendorf, Wintersportzentrum in Tautenhain u.a. mehr. Mehrere Sportvereine des heutigen Kreise pflegten noch in den 1950er Jahr Sportkontakte zu Vereinen der Bundesrepublik und es kam zu einem Sportaustausch anlässlich von Sportfesten und Jubiläen. Sportliche Höhepunkte im Breitensport waren zunehmend die Vorbereitung und aktive Teilnahme an den Turn- und Sportfesten in Leipzig. So wurden z.B. die Massenübungen des Übungsverbandes Frauen in allen Gymnastikgruppen eingeübt. Die Besten von ihnen waren dann bei der Sportschau aktiv dabei.
Im Kreisgebiet bildeten sich auch Leistungszentren heraus, welche sich durch ihre erfolgreiche Sportarbeit auch nationale Anerkennung verschafften. Aus der Fülle der Beispiele sollen einige exemplarisch genannt werden: In Stadtroda wirkte Anita Pester sowohl an der Schule wie auch im Verein. Ihre „Turnerschule“ brachte dann auch mit Bernd Jäger einen internationalen Spitzenturner hervor, ebenso Anett Lindner, die Mitglied der Turnnationalmannschaft wurde. Aber vielen Kindern und Jugendlichen wurde die Freude zum Sporttreiben mit auf den Weg gegeben. Eine große Ausstrahlungskraft erreichte die BSG „Motor Hermsdorf“ zwischen 1949 und 1989. In der Sportart Federball errang die BSG 5 DDR-Meistertitel und in der Leichtathletik wurden 4 Meistertitel errungen. Auch das Bogenschießen und das Turnen waren mit je einem Meistertitel erfolgreich. Besonders aber waren die Ballsportarten mit Handball und Fußball erfolgreich. Die 1. Männermannschaft der Abteilung Fußball spielte zehnmal in der DDR-Liga und die 1. Männermannschaft im Handball schaffte es zweimal in der DDR-Liga zu spielen.
Zur 40-Jahrfeier 1989 zählte die BSG „Motor Hermsdorf“ 105 Mannschaften, darunter waren 52 Mannschaften im Erwachsenenbereich, 15 Mannschaften der Altersklasen 14-18 Jahre und 38 Mannschaften der Altersklassen bis 14 Jahre. Organisiert wurde der Verein von ehrenamtlichen Helfern und Funktionären, welche sich aus 118 Übungsleitern, 50 betreuern, 32 Kampfrichtern und 38 Schiedsrichtern zusammensetzten. Mit dem Bau der Turnhalle in Weißenborn entwickelte sich der Verein schrittweise zu einer Tischtennis-Hochburg, die in den 1970-ger Jahren bei den Schüler- und Damenmannschaften bis zur nationalen Ebene vorstießen. Analoge Entwicklungen vollzogen sich im Raum Eisenberg, Kahla und Camburg u.a.m. Es besteht die dringende Notwendigkeit diese Entwicklungen aufzuarbeiten um sie vor dem Vergessen zu bewahren.
Die Kinder- und Jugendspartakiaden der DDR
Einen nachhaltigen Einfluss auf die Sportentwicklung der Region hatte die mit dem Jahre 1965 geschaffene Spartakiadebewegung für den Kinder- und Jugendsport sowie auf längere Sicht gesehen auch auf alle anderen Bereiche. Durch die enge Zusammenarbeit von Schule und Sport und das geschaffene Wettkampfsystem auf allen Ebenen wurde den Kindern und Jugendlichen ein breites Betätigungsfeld im Sport geschaffen und durch gute Organisation und ein interessantes Rahmenprogramm wurden diese Veranstaltungen auch zu einem emotionalen Erlebnis.
Jährliche Angebote gab es in der Schule und im Kreis. Alle zwei Jahre folgten die Bezirks- und zentrale Spartakiade, wo als Höhepunkt die Besten aus den Kreisen aufeinander trafen. Spartakiade Orte im Kreis Eisenberg waren:
1965 – 1968 Jahnsportplatz in Eisenberg
1969 – 1974 Sportstätte in Silbitz
1975 – 1982 Sportstätte in Schkölen
1983 – 1990 Stadion des Friedens in Eisenberg
Dabei beteiligten sich an einem Wochenende ca. 3000 Kinder und Jugendliche in ca. 20 Sportarten an den sportlichen Wettbewerben.
Von 1966 – 1989 fanden auch 19 Kreisspartakiaden im Wintersport in Tautenhain statt. An den Endkämpfen nahmen 300 bis 400 Kinder und Jugendliche in den Wettbewerben Skilanglauf (zwei Strecken), Staffelläufe, Abfahrtslauf, Rodeln und Biathlon teil. Durch die Einwohner des Ortes wurden an solchen Wochenenden bis zu 180 Quartiere kostenlos zur Verfügung gestellt. Siegerehrungen im olympischen Zeremoniell mit Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, Auszeichnung der erfolgreichsten Sportgemeinschaften sowie die Ehrung der besten Schulen bildeten den würdigen Abschluss.
Die Sportvereine waren im DTSB der DDR organisiert und wurden durch den DTSB-Kreisvorstand geführt. Die fachliche Anleitung und Wettkampforganisation erfolgte über die Fachverbände mit ihren Kreis- und Bezirksfachausschüssen. Der Kreisvorstand des DTSB führte die Organisationsentwicklung, die Mitgliederentwicklung und die Angebote im Breiten- und Gesundheitssport. Ein gleiches galt für die Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen, der Schaffung von Trainingszentren für den Nachwuchsleistungssport und natürlich der Ausgestaltung der gesamten Spartakiadebewegung. Die BSGen hatten den sowohl ideologisch als auch gesundheitspolitisch motivierten Auftrag der Verbreitung und Popularisierung des Massensports in der DDR.
Die Neuorientierung des Vereinssports nach 1990
Nach der politischen Wende und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1989/90 erfolgte im Jahre 1990 die Umstrukturierung des gesamten Sports auf der Basis eingetragener Sportvereine. Dieser von April bis September in unserer Region weitgehend vollzogene Prozess war die Voraussetzung für die am 29. September 1990 in Bad Blankenburg erfolgte Gründung des Landessportbundes Thüringen, der am 2. Dezember 1990 als Mitglied des Deutschen Sportbundes (DSB) aufgenommen wurde. Zum ersten Präsidenten des LSB wurde Prof. Dr. Manfred Thieß gewählt.
Neugründung
Die Vereine und Verbände mussten sich alle neu gründen, sich eine Satzung geben und sich in das Vereinsregister eintragen lassen, um als eine juristische Person weiter agieren zu können. Zunächst entstanden auch auf unserem Territorium gemäß der politischen Struktur drei Kreissportbünde, die aber dann 1994 noch vor der Kreisreform zusammengeschlossen wurden. Zum ersten Vorsitzenden des KSB „Holzlandkreis“ e.V. wurde Herbert Bernhard gewählt.
Der entstehende Landkreis wies aus der Sicht des Sports zwei typische Merkmale auf:
1. Er ist ein typischer Umfeldkreis, um das großstädtische Ballungsgebiet von Jena.
2. Die Ausgangssituation aller drei Sportkreise war deutlich unter dem Thüringer Entwicklungsdurchschnitt angesiedelt.
Mit dieser Ausgangssituation hat sich in den zurückliegenden Jahren eine stetige Entwicklung vollzogen, die sich u.a. in der Zahl der Sportvereine, der Mitgliederentwicklung und in den inhaltlichen Angeboten wiederspiegelt.
Vereinsentwicklung 1994 bis 2010
- 1994 – 59 Vereine
- 2000 – 96 Vereine
- 2003 – 106 Vereine
- 2005 – 106 Vereine
- 2007 – 111 Vereine
- 2009 – 115 Vereine
- 2010 – 114 Vereine
Mitgliederentwicklung 1994 bis 2010
- 1994 – 6556 Mitglieder
- 2000 – 11072 Mitglieder
- 2003 – 11521 Mitglieder
- 2005 – 11261 Mitglieder
- 2007 – 10957 Mitglieder
- 2009 – 11198 Mitglieder
- 2010 – 11308 Mitglieder
Obwohl der sportliche Einfluss der Stadt Jena immer noch sehr groß ist, haben sich die inhaltlichen Angebote gut entwickelt. Mit 34% der Mitglieder in 42 Vereinen führt der Fußball das Ranking der Sportarten im Kreis an. Es folgt dann Turnen/Gymnastik/Aerobic mit 7% in 46 Vereinen. Volleyball (32 Vereine) und Handball folgen mit 6,5% der Mitglieder. Auf der gleichen Ebene bewegt sich das Kegeln in 18 Sportvereinen. Stark vertreten sind in unserem Kreis die Schützen mit 4,5% der Mitglieder in 21 Vereinen sowie die Reit- und Fahrsportler mit 3,5 % in 14 Vereinen.
Durch den Kreistag wurde eine Sportförderrichtlinie verabschiedet, welche den Sportvereinen günstige Bedingungen zur Nutzung der Sportstätten bietet und die Vereine bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit unterstützt. Eine Sportstätten-Leitplanung schafft die Gewähr, dass quantitativ und qualitativ ausreichend Sportstätten für den Schul- und Vereinssport bereitgestellt werden können. Der Kreissportbund bemüht sich im Zusammenwirken mit den Fraktionen des Kreistages, dem Landratsamt und den Kommunen für die Gestaltung optimaler Rahmenbedingungen für das Sporttreiben im Kreis. Regelmäßige Sportstammtische und Stützpunktgespräche mit den Partnern sollen anstehende Probleme lösen helfen.
Die enge Zusammenarbeit der Sportvereine mit den Kindergärten und Schulen ist ein Herzstück unseres Wirkens. Vielen Kindern ein gutes Sportangebot über die Vereine zu vermitteln steht dabei im Mittelpunkt. Mehr als 1500 ehrenamtliche Helfer in den Funktionen eines Übungsleiters, Kampf- oder Schiedsrichters, als Betreuer und Helfer in der Wettkampforganisation und als Funktionäre in den Vereins- und Verbandsvorständen sind bei uns im Kreis die Gewähr für eine erfolgreiche Arbeit. Diese Potential zu gewinnen, es ständig zu qualifizieren und zu führen ist eine ständige Herausforderung für den Sport, macht aber gleichzeitig seine Vielfalt und seinen Reichtum aus.
So hat sich in den zurückliegenden Jahren der Sport zu einem wichtigen Bestandteil des geistigen und kulturellen Lebens in unserem Kreis entwickelt. Das breite Angebot an Sporttreiben für unsere Kinder und Jugendlichen, das vielfältige Wettkampfgeschehen in zahlreichen Sportarten besonders an den Wochenenden und die wieder etablierten Traditionsveranstaltungen der einzelnen Vereine bieten ein breites Spektrum zur sinnvollen Gestaltung der Freizeit und im Bestreben der Erhaltung der eigenen Gesundheit.